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Beziehung gut, alles gut?

Verhaltensprobleme sind häufig die Folge von Problemen der Lehrer-Schüler-Beziehung. Und sie lassen sich nur im Rahmen von Beziehungen wieder beheben.

«Beziehung ist alles – oder fast alles», sagt Alexander Wettstein, Professor an der PHBern. Als einer der wenigen in der Schweiz hat er Zahlen dazu: «Der Effekt einer guten Lehrer-Schüler-Beziehung ist doppelt so stark wie jener einer guten Klassenführung», fasst er eine eigene repräsentative Studie zu Unterrichtsstörungen zusammen. Schülerinnen und Schüler verbringen während ihrer Schulzeit rund 15'000 Stunden mit ihren Lehrpersonen. «Doch die ersten Wochen sind jeweils besonders wichtig, dann wird eine Beziehung überhaupt erst ermöglicht», präzisiert Wettstein. Allerdings legen viele Lehrpersonen gerade zu Beginn den Schwerpunkt auf Disziplin – kein Widerspruch? Nein, sagt Wettstein: «Beziehung und Disziplin sind zwei unabhängige Dimensionen.»


Die nachfolgende Grafik zeigt: Durch die beiden unabhängigen Dimensionen

«Lenkung» und «emotionale Zuwendung» ergeben sich vier Quadranten. Jedem dieser Quadranten entspricht ein Typ von Lehrperson.




In welchem Quadranten ist nun die Lehrperson verortet, die prädestiniert ist, gute Beziehungen einzugehen? Und inwieweit kann man sich verändern – also zum Beispiel freundlicher, wertschätzender und respektvoller werden? Die Antworten erfahren Sie im folgenden Interview mit Alexander Wettstein.


«Verhaltensprobleme sind in der Regel die Folge von Beziehungsproblemen. Und hinter Beziehungsproblemen stehen häufig Bindungsstörungen», sagt Henri Julius, Professor an der Universität Rostock. Kinder, die in sicheren Bindungen aufgewachsen sind, haben gelernt, sich emotional zu regulieren. Sie lösen bei Lehrpersonen intuitiv ein fürsorgliches Verhalten aus, was sich in einer guten Lehrer-Schüler-Beziehung niederschlägt. Doch während früher rund 70 Prozent zu den sicher gebundenen Kindern gezählt wurden, sind es heute gerade noch etwa 50 Prozent. Die andere Hälfte, die unsicher gebundenen Kinder, sind latent immer im Stress. Da ist das intuitive Verhalten der Lehrperson sogar kontraproduktiv, weil man sich gegenseitig im Ärger oder in der Wut hochschaukelt. Hier müssen Fachpersonen Techniken lernen, mit denen sie die Kinder gezielt herunterregulieren können.

Wie man als Lehrperson einen Zugang zu solchen Kindern bekommt, damit befasst sich Thomas Lustig, Professor an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in Zürich: «Das Verhandeln von bestimmten Bedingungen ist ganz wichtig, um Lernen zu gestalten», sagt er. Was er damit meint, erläutert er im Interview.


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Kommentare



Stella Stejskal-Blum 05.06.2020, 17:08 Uhr
Wo sind die Expertinnen zu diesem Thema? Ich will auch ihre Stimmen hören!
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