«Verhaltensprobleme sind in der Regel die Folge von Beziehungsproblemen. Und hinter Beziehungsproblemen stehen häufig Bindungsstörungen», sagt Henri Julius, Professor an der Universität Rostock. Kinder, die in sicheren Bindungen aufgewachsen sind, haben gelernt, sich emotional zu regulieren. Sie lösen bei Lehrpersonen intuitiv ein fürsorgliches Verhalten aus, was sich in einer guten Lehrer-Schüler-Beziehung niederschlägt. Doch während früher rund 70 Prozent zu den sicher gebundenen Kindern gezählt wurden, sind es heute gerade noch etwa 50 Prozent. Die andere Hälfte, die unsicher gebundenen Kinder, sind latent immer im Stress. Da ist das intuitive Verhalten der Lehrperson sogar kontraproduktiv, weil man sich gegenseitig im Ärger oder in der Wut hochschaukelt. Hier müssen Fachpersonen Techniken lernen, mit denen sie die Kinder gezielt herunterregulieren können.
Wie man als Lehrperson einen Zugang zu solchen Kindern bekommt, damit befasst sich Thomas Lustig, Professor an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in Zürich: «Das Verhandeln von bestimmten Bedingungen ist ganz wichtig, um Lernen zu gestalten», sagt er. Was er damit meint, erläutert er im Interview.